Die gesamte heimische Donau haben wir längst von Hainburg bis Passau und weit darüber hinaus berudert – und das in jüngster Vergangenheit schon mehrfach. Da war es höchste Zeit für ein neues Ruderabenteuer: Am 25. Mai sind zehn Vereinsmitglieder (Ingrid Klug, Claudia Jagersberger, Sandra Sollberger, Marie Birner, Christian Gusenbauer, Franz Poddemski, Bernhard Heinemann, Manfred Meindl, Matthias Höfer und Daniel Kortschak) von Linz Richtung Trier aufgebrochen. Das erste Team startete schon um 4.52 Uhr mit dem ersten Zug, der Großteil folgte dann mit dem Vereinsbus. Mit dabei auch unser Chauffeur, Gepäckkurier und Ufer-Fotograf Manfred. Am späten Nachmittag gab es dann ein Wiedersehen bei der Rudergesellschaft Trier 1883, wo wir freundlicherweise unsere Boote abladen und den Hänger parken durften. Nach einem ausgiebigen Spaziergang durch die höchst sehenswerte historische Altstadt mit ihren römischen Baudenkmälern und einem guten Abendessen im Gastgarten ging es dann bald ins Quartier. Wir wollten ja fit sein für die bevorstehenden drei Tage und 165 Ruderkilometer.
Erster Rudertag: Trier – Bernkastel-Kues
Am Donnerstag ging es dann schon um 7.00 Uhr wieder los. Zunächst gab es gleich ein kleines Problem zu lösen: Weil am Feiertag nicht nur die Hotelrezeption, sondern auch alle Bäckereien und Cafés geschlossen hatten, mussten wir in der Jugendherberge um ein Frühstück bitten. Dort wurden wir freundlichst aufgenommen und bestens verköstigt. Vielen Dank dafür! Frisch gestärkt nahmen wir dann die erste Etappe bis Bernkastel-Kues in Angriff. Nach einigen Kilometern hatten wir uns an das unbekannte Wasser gewöhnt und unsere beiden Fünfer “Christiana” und “Moby Dyck” kamen richtig gut in Fahrt. Bis zur ersten Schleuse. Da war dann die Frage: Sollen wir uns in die nur 3,30 Meter schmale und beeindruckend hohe Sportbootschleuse wagen? Oder doch lieber überheben? Wir waren unschlüssig – trotz der vielen Informationen, die wir vorab eingeholt hatten, unter anderem beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Trier, das uns freundlich und ausführlich über alle Möglichkeiten zur Passage der Schleusen informiert hatte. Schließlich fiel die Entscheidung auf Überheben. Ein mühsames Unterfangen auf den glitschigen Stegen, schmalen Pfaden und ohne Transportwagen. Das konnte uns die Laune aber ebenso wenig verderben wie der kurze Regenguss zwischendurch oder der zum Teil recht stramme Gegenwind. Wie gut, dass die Mosel so viele Schleifen macht und man nicht ständig gegen den Wind rudern muss! Wir erfreuten uns lieber an der großartigen Landschaft mit den beeindruckend steilen Weinlagen und den malerischen Dörfern. Die deutlich weniger malerischen riesigen Campingplätze und die zum Teil richtig hässlichen Straßenbrücken versuchten wir dabei so gut wie möglich zu übersehen. Nach einem weiteren, noch mühsameren Überhebmanöver an der zweiten Schleuse des Tages und einem späten, dafür umso schmackhaften Mittagessen in Neumagen-Dhron (Pfälzer Spargel! Kartoffeln!) war dann unser erstes Übernachtungsziel Bernkastel-Kues erreicht. Das lebhafte Städtchen beeindruckte uns mit wunderschöner Fachwerkarchitektur und einem netten Wirt, der für uns elf Platz hatte und uns auch noch kurz vor Küchenschluss voll verköstigte.
Zweiter Rudertag: Bernkastel-Kues – Klosterruine Stuben
Am Freitag ging es dann vom Quartier die wenigen Schritte zur Bernkasteler Rudergesellschaft 1874, wo unsere Boote über Nacht Asyl gefunden hatten – und auch einige Nacktschnecken und weitere Insekten Geschmack an “Christiana” und “Moby Dyck” gefunden hatten. Schon wenige Kilometer weiter stellte sich uns die erste Schleuse in den Weg. Und nachdem sich dort sowohl die Bootsgasse als auch die Überhebstelle mit unseren beiden Fünfern als so gut wie unpassierbar erwiesen hatten, wagten wir nach längerem Zögern das Abenteuer: Rein in die Sportbootschleuse. Und zwar zu zweit nebeneinander, Ausleger und Skulls innen möglichst parallel zueinander, die Skulls an der Außenseite langgelegt (die “Normannenmethode”). Auch die beiden Bootshaken erwiesen sich als ausgesprochen wertvolle Hilfsmittel: Zum Ziehen des grünen Hebels, mit dem man die Schleusung startet. Und zum Abstoßen der Boote an der Schleusenwand bei der Ein- und Ausfahrt. Weil bei 3,30 Metern Breite ist kein Platz mehr zum Rudern – maximal noch mit den bloßen Händen im Wasser. Ganz wohl war uns nicht, als sich das Tor geräuschvoll schloss und der Wasserstand recht schnell zu sinken begann. Die digitale Anzeige “Schleusung läuft. Noch 9 Minuten” beruhigte uns dann einigermaßen. Und dann noch der Hinweis “Roter Hebel: Stop!” Aber nein, wir wollten ja möglichst schnell wieder raus aus dem engen, dunklen und feuchten Schacht. Gut ist es gegangen, nix ist passiert! Und es war weit weniger anstrengend als das Überheben der schweren Boote. Zumindest körperlich …. Im schönen und sehr lebendigen Weinstädtchen Traben-Trarbach war dann Zeit für einen Spaziergang und eine kleine Stärkung mit frisch gebackenem Käsekuchen, Kaffee und köstlichem Augustiner Bier. Zwei kurze, aber umso kräftigere Regengüsse wurden noch abgewartet und dann ging es wieder weiter zu unserem nächsten Etappenziel. Das hatten wir kurzfristig, um einige Kilometer stromab verlegt, um die Ruderkilometer des letzten Tages zu reduzieren. Bei der Klosterruine Stuben fanden wir eine lauschige Bucht als Nachtlager für unsere Boote, gut bewacht von ein paar campierenden und sehr freundlichen Paddlern. Chauffeur Manfred brachte uns dann mit dem Vereinsbus zu unserem Quartier hoch hinauf in den Hunsrück nach Altlay. Denn am Fluss war nichts mehr zu bekommen gewesen an diesem langen Wochenende. Wir wurden von den Wirtsleuten freundlich empfangen und wieder sehr gut bekocht. Und der Fernblick in die unendlich weiten Weizenfelder des Hunsrück in der Abendsonne war uns nach zwei Tagen auf dem Wasser ein willkommener Perspektivenwechsel.
Dritter Rudertag: Klosterruine Stuben – Brodenbach
Am nächsten Tag ging es dann in der Früh wieder zurück an die Mosel und schnell rein in die Boote. Die ersten Kilometer in der frischen Morgenluft in den engen Moselschleifen inmitten der Weinberge waren ein ganz besonderes Erlebnis. Erster Zwischenstopp war dann der wirklich süße Weinort Beilstein. Mit dem freundlichen Fährmann hatten wir uns schnell geeinigt, wie wir unsere Boote am besten am Ufer platzieren ohne ihn zu stören. Für Wein war es leider noch zu Früh, nur ein Mitglied konnte nicht widerstehen und hat zwei kleine Fläschchen Rotwein in den Bootssack geschmuggelt. Als Mitbringsel, wohlgemerkt. Und ein Eis war uns auch eine willkommene Erfrischung. Dann ging es weiter in den weltbekannten Moselort Cochem mit seiner beeindruckenden Reichsburg. Und den sagenhaft hässlichen Souvenirläden, vielen schäbigen Imbissbuden und unglaublich viel Verkehr auf der Durchzugsstraße. Nach einem kurzen Spaziergang auf die Burg fanden wir dann in der urigen Burgtaverne Zuflucht vor dem Trubel. Der direkt hinter dem Lokal angebaute Wein und die lokalen Wurst- und Käsespezialitäten waren ein wunderbarer Imbiss zwischendurch. Und dann ging es weiter zu unserem Tourziel in Brodenbach. Weitere Schleusen waren schnell und unaufgeregt überwunden und allmählich weitete sich das Tal wieder, die steilen Weinberge machten grünen Hügeln Platz. In Brodenbach erwies sich das Aussteigen dann als besonders herausfordernd, der selbst ernannte Dorfsheriff, der uns wenig charmant darauf hinwies, dass wir uns auf einem Privatsteg befinden, machte es nicht wirklich besser. Mit vereinten Kräften und Tipps eines sehr freundlichen Mitglieds des örtlichen Yachtclubs gelang es uns dann doch, „Christiana“ und „Moby Dyck“ mit samt Besatzung mehr oder weniger heil an Land zu bringen. Der eine oder andere Bluterguss fällt unter die Kategorie Souvenir von der Mosel. Und irgendwer hat ja zum Glück immer ein trockenes T-Shirt und eine frische Unterhose im Bootssack. Schnell noch die Boote auf den Hänger – und dann ging es schon in den Gastgarten direkt hinter der Ausstiegsstelle. Nach einem schönen Ausklang machte uns noch der Wirt und Koch persönlich seine Aufwartung. Und die Wirtin verabschiedete sich mit den Worten “Ihr seid echt nett! Hoffentlich kommt ihr bald wieder!” Ja, immer gerne. Wenn es nur nicht gar so weit wäre von der Donau an die Mosel … Auf dem Heimweg ins ausgesprochen hübsche Quartier am Waldrand haben wir uns dann beim örtlichen Winzer noch mit ein paar Flaschen Moselriesling eingedeckt. Der Plan, sie beim gemütlichen Ausklang auf der Terrasse zu leeren, ist aber bald von den herbstlichen Temperaturen durchkreuzt worden: Bei 11 Grad Außentemperatur halfen auch die dicksten Decken nicht mehr und es war Zeit, sich ins warme Bett zu verkriechen. Und Moselriesling ist ja ein tolles Mitbringsel für die Daheimgebliebenen.
Abreise
Nach einem gemütlichen und reichhaltigen Sonntagsfrühstück ging es für die drei Zugfahrer von Brodenbach mit dem Doppeldeckerbus aussichtsreich die restliche Mosel entlang bis zum Bahnhof Koblenz und von dort dann mit dem abenteuerlich überfüllten ICE nach Linz. Dabei gab es bis Wiesbaden noch wunderschöne Ausblicke ins Weltkulturerbe Mittelrheintal. Und Zeit für die Erkenntnis, dass man diese Strecke besser mit dem Zug oder dem Fahrrad fährt und nicht mit dem Ruderboot: Zu eng der Fluss, zu dicht der Schiffsverkehr, zu tückisch Strömung und Steine. Nach einem längeren ungeplanten Zwischenstopp im Bahnhof Nürnberg, wo der ICE wegen völliger Überfüllung eine Zeitlang überhaupt nicht mehr weiterfahren konnte, war dann Linz mit vergleichsweise moderater Verspätung erreicht. Das ein paar Minuten früher an der Mosel gestartete Team Vereinsbus hat das Bootshaus nahezu gleichzeitig erreicht. Der gemütliche Ausklang in der Gartenlaube fiel dann leider ins Wasser. Das vermochte die tollen Eindrücke von dieser einmaligen Wanderfahrt aber nicht verderben. Wir werden sie noch sehr lange in bester Erinnerung behalten. Vielen Dank an alle Teilnehmer:innen! Und ganz besonderen Dank an Fahrwartin Sandra Sollberger für die perfekte Organisation der großen Tour und das umsichtige Steuern der “Christiana”, danke an “Moby Dyck”-Steuermann und Schleusenexperten Manfred Meindl und einen extra großen Dank an unseren Begleitfahrer Manfred für die großartige Unterstützung und die nette Gesellschaft.